Antwortbrief an Herrn Krebs

Die FCG Gewerkschaft der Lehrer (Hr. Thomas KREBS) hatten die letzten Tage keine Gelegenheit ausgelassen um sich über Hr. Stadtrat Jürgen Czernohorszky, die MA56 und deren Bediensteten auszulassen. Wir bringen euch hier das Antwortschreiben von Jürgen Czernohorszky.

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,

die Covid-19-Krise hat zu den tiefsten gesellschaftlichen aber auch wirtschaftlichen Ver­änderungen der letzten Jahrzehnte geführt. Um die Ausbreitung der Krankheit zu ver­hindern und das Gesundheitssystem nicht zu überlasten, wurden innerhalb weniger Tage große Teile des öffentlichen Lebens geschlossen. Nur durch den großen Einsatz und die schnelle Reaktion alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt Wien, der Länder, der Bundeseinrichtungen und Privatwirtschaft konnte die Ansteckungszahl schnell reduziert werden, sodass schon jetzt erste Schritte zur Wiederöffnung des öffentlichen Lebens gesetzt werden können.

Eine besondere Rolle kam in dieser Krise den Pädagoginnen und Pädagogen sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Wiener Bildungseinrichtungen zu. Beinahe über Nacht haben die Kolleginnen und Kollegen der Wiener Bildungseinrichtungen von normalem Präsenzbetrieb auf „Distanzlernen und -lehren“ umgestellt. Ich konnte mich an einigen Standorten und in persönlichen Gesprächen vom kreativen, engagierten, aber auch flexiblen Einsatz der Kolleginnen und Kollegen überzeugen. Sei es der schnelle Auf­bau von Materialpaketen und Abholstationen in den Schulen, der unermüdliche Einsatz beim Kontaktaufbau mit den Familien oder die vielen tollen Videobotschaften:
Die Wiener Pädagoginnen und Pädagogen waren von Anfang mit großem Herz für ihre Kinder und Jugendlichen und mit großem Engagement mit dabei! Es ist mir daher auch ein großes Anliegen auf diesem Weg nochmals meinen Dank für die Arbeit der Wiener Pädagoginnen und Pädagogen seit Beginn der Covid-19-Krise auszu­drücken.

Mein Dank und der Dank der Stadt Wien gilt aber auch für die kommenden Wochen: Denn die verbleibende Zeit bis zu den Sommerferien wird uns alle nochmals fordern. Ich bin aber zuversichtlich, dass der Abschluss des Schuljahres gelingt, wenn die Pädagoginnen und Pädagogen, die Schul- und Kindergartenleitungen, die Schulwartinnen und Schulwarte, die Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter, die Kinder und Jugend­lichen sowie deren Eltern zusammenstehen und zusammenarbeiten.

Unsere Schulen sind nie reine Orte der Wissensvermittlung, unsere Bildungseinrichtungen sind Räume der Begegnung, der Freundschaften, des gemeinsamen Wachsens und der Selbstverwirklichung. Wir brauchen unsere Schulen nicht nur zum Lernen, sondern auch zum Glücklichsein. Wenn die Schulen, Volkshochschulen und Kindergärten plötzlich über Monate geschlossen sind, wird uns das wieder schmerzlich bewusst.

Ich weiß, dass sich die Wiener Pädagoginnen und Pädagogen auf die Kinder und Jugend­lichen freuen. Sie werden alles tun, damit die letzten Wochen des Schuljahres positiv in Erinnerung bleiben. Vielen Dank bereits vorab dafür!

Auch für die Wiener Schulverwaltung waren die plötzlichen Schulschließungen, Ausgangs­einschränkungen und der durchaus ambitionierte Etappenplan zur Schuleröffnung große Herausforderungen. Aber ich bin als Personalstadtrat auch sehr stolz auf die Leistungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt Wien. Sie sind seit Beginn der Krise im vollen Einsatz für unsere Stadt. Gerade die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Magistratsabteilung 56 – Wiener Schulen unterstützen vom ersten Tag an, die Schul­leitungen bei der Umsetzung des Distanzunterrichts sowie der Betreuung und in der Vorbereitung der Wiedereröffnung der Schulen.

Zum Beispiel wurde gleich zu Beginn die Anschaffung von Desinfektionsmaterial über die Zweckzuschüsse der Stadt Wien an die Schulen ermöglicht, da in den ersten Wochen keine zentrale Beschaffung dieser Hygienemittel möglich war.

Um die Eltern zu entlasten und auch die Administration in den Schulleitungen zu ver­einfachen, wurden ab 16. März die Verrechnung der Elternbeiträge eingestellt und etwaige Bestellungen automatisiert gelöscht. Die Vorgangsweise wurde auch im Not­betrieb fortgesetzt. Für die Vereinfachung des Schulstarts wurde darüber hinaus auf
eine Verrechnung in den letzten beiden Maiwochen verzichtet.

In Zusammenarbeit mit der Kinder- und Jugendhilfe sowie der Schulpsychologie wurde ein Gesprächsleitfaden für Elterngespräche erstellt, der den Lehrkräften eine fachlich fundierte Einschätzung der Belastungssituationen in den Familien ermöglichte.

Besonders stolz bin ich auf die großen Fortschritte der Wiener Schulen im Bereich der Digitalisierung bzw. Distanzunterrichts. Viele Wiener Pädagoginnen und Pädagogen haben den Sprung ins kalte Wasser gewagt oder haben ihre Kolleginnen und Kollegen professionell bei der Anwendung von digitalen Lerntools unterstützt. Neben den Möglich­keiten des „virtuellen Arbeitsplatzes“, der gerade in Zeiten von Homeoffice eine gute Arbeitsumgebung bot, schuf der Wiener Bildungsserver innerhalb von Tagen ein sicheres und vertrauenswürdiges Filesharing-Service für Wiener Schulen. In Zusammenarbeit zwischen dem Stadtsender W24 und dem Bildungshub der Bildungsdirektion für Wien entstand mit dem Lernplanet.at eine lehrplanbasierte Sammlung von Unterrichts­sequenzen, die von engagierten Wiener Lehrkräften gestaltet wurde.

Dank der engen Zusammenarbeit in der Stadt Wien war es auch möglich, die volle Funktionalität des Office365-Pakets für alle Wiener Lehrkräfte und Klassen auszurollen. Zusätzlich hat die Stadt Wien 5.000 fabrikneue Laptops für jene Schülerinnen und Schüler bereitgestellt, die zu Hause keinen Zugang zu einem PC-Arbeitsplatz hatten. Die schnelle Umsetzung des Projekts und die reibungslose Verteilung der Geräte ist auch den vielen Schulleitungen zu verdanken, die sich für ihre Schülerinnen und Schüler eingesetzt haben.

Damit keine Wiener Schülerin und kein Wiener Schüler zurückbleibt, ist die VHS Wien dem Vorbild der Schulen gefolgt und hat die Kurse der „Förderung 2.0“ bereits im März auf digitale Medien umgestellt. Nach den Osterferien wurden zusätzliche Kurse eingerichtet, sodass bis zu 15.000 Schülerinnen und Schüler von der kostenlosen Lernunterstützung profitieren können.

Eine Stadtgesellschaft kann nur funktionieren, wenn alle zusammenarbeiten. Die Kranken­häuser können die Kranken nur behandeln, wenn die Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte ihre Kinder gut versorgt wissen. Die Schulen können den Notbetrieb nur aufrechterhalten, wenn die Schulleitungen und einzelne Lehrkräfte vor Ort sind. Ein Schulbetrieb ist aber auch nur denkbar, wenn die Schulwarte und Schulwartinnen trotz Covid-19 die Schultore öffnen und in den genutzten Räumen die Sauberkeit sicherstellen. Der Schulbetrieb in Krisenzeiten klappt nur, wenn alle mit anpacken. Als bestes Beispiel sei der Osterbetrieb in den Wiener Schulen erwähnt, der durch freiwillige Meldung von so vielen Wiener Lehr­kräften und die tatkräftige Mithilfe der Freizeitpädagoginnen und -pädagogen möglich wurde. Vielen Dank dafür im Namen der Stadt und der Wiener Eltern.

Seit Beginn der Covid-19-Krise ist die Abteilung 56 – Wiener Schulen auch bemüht, in Zusammenarbeit mit der Wiener Rettung und dem zentralen Einkauf der Stadt Wien die Schulen mit den notwendigen Hygienematerial zu versorgen. Ausgehend von der Sicher­stellung von ausreichend Seife, Papierhandtüchern und Putzmitteln wurde in den ersten Tagen der Schulschließungen begonnen, medizinisches Hygienematerial mit dem be­sonderen Fokus auf den sensiblen Bereich der Sonderpädagogik anzuschaffen. Aufgrund der international sehr prekären Liefersituation war es jedoch leider nicht immer möglich, die gewünschten medizinischen Hygienematerialien in ausreichenden Mengen sicherzu­stellen. Ich möchte hier auch jenen Kolleginnen und Kollegen aus den Berufsschulen und unter den Schulwarten danken, die hier für die kurzfristige Produktion und Verteilung der Masken für diese Schulen gesorgt haben.

Seit Bekanntwerden der Hygieneempfehlungen und des Etappenplans des Bildungs­ministeriums für die Wiederöffnung der Schulen arbeitet die Abteilung 56 – Wiener Schulen mit Hochdruck an der Beschaffung des Hygienematerials. So wurden für alle Pädagoginnen und Pädagogen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Schulen und Kindergärten 100.000 Stück Mehrweg-MNS-Masken sowie zehntausende Ein­wegmasken und Kindermasken bestellt. Die Mehrweg-MNS-Masken wurden der Abteilung 56 – Wiener Schulen aufgrund der einfachen Möglichkeit der Wiederauf­bereitung und ihrer hohen Luftdurchlässigkeit bei gleichzeitigem Schutz empfohlen.

Obwohl die Hygieneempfehlung des Bundes grundsätzlich die Reinigung der Hände mit Seife als wichtigste und notwendige Maßnahme vorgibt, wurden von der Stadt Wien mobile Handdesinfektionsspender angeschafft. Auf begründeten Wunsch der Direktionen werden auch mehrere Spender bereitgestellt. Vereinzelte Fehlfunktionen sind bei der momentanen Liefersituation und der großen Anzahl an Spender leider nicht immer zu verhindern. Sollte ein Spender fehlerhaft sein, wird dieser so schnell wie möglich aus­getauscht oder repariert. Für Klassenräume in denen keine Wasseranschlüsse vorhanden sind, stellt die Stadt Wien Handdesinfektion in Kleingebinden (500ml) zur Verfügung. Die bestellten Hygieneartikel werden bei Verfügbarkeit direkt über die Verteilzentren der Wiener Rettung an die Schulen geliefert und laufend nachbestellt. Aufgrund der prekären Versorgungslage wurden seitens der Stadt Wien auch diesbezüglich Bestellungen und Finanzierungen für die privaten Pflichtschulen durchgeführt.

Dank der Mithilfe aller Wienerinnen und Wiener und den Leistungen der Wiener Lehr­kräfte und Gemeindebediensteten ist es gelungen, die Ausbreitung von Covid-19 ein­zudämmen. Um den sensiblen Bildungsbereich speziell zu schützen, wird gemeinsam mit Gesundheitsstadtrat Peter Hacker eine „fast-lane“ für Covid-19-Testungen für Wiener Pädagoginnen und Pädagogen eingerichtet. In den kommenden Tagen erfolgt eine Information an alle Schulen, wie sich Lehrkräfte einfach und vor allem schnell testen lassen können. Jetzt gilt es wachsam zu sein und die nötigen Verhaltensmaßnahmen einzuhalten, damit das Risiko einer Erkrankung weiterhin sehr gering bleibt.

Sehr wichtig und auch viel schwieriger wird es, das Vertrauen in die öffentlichen Institutionen und in das Zusammenleben in einer Stadt mit zwei Millionen EinwohnerInnen wiederzugewinnen. Wir müssen wieder Vertrauen in die Sicherheit des gemeinsamen Lebens, Arbeitens, Unterrichtens und Lernens fassen. Ich ersuche Sie und die Wiener Lehrkräfte an dieser großen Aufgabe mitzuwirken und danke Ihnen daher auch für konstruktive Verbesserungsvorschläge.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen sowie Ihren Kolleginnen und Kollegen beste Gesundheit und einen erfolgreichen Schulstart.

Mit freundlichen Grüßen

Fotos © Martin Votava