3.Advent

Die Kerze, die nicht brennen wollte


„Nein“, sagte die honiggelbe Kerze am Adventskranz. „Ich will nicht brennen, schmelzen, zerfließen, bis nichts von mir
übrig geblieben ist. Ich bin honiggelb und möchte es auch bleiben.“
Sie wehrte sich vier Streichholzlängen lang und jedes Mal rief eine Menschenstimme: „Autsch! Ich habe mir die Finger verbrannt. Blöde Kerze! Ab mit dir in den Müll!“
„Autsch!“, rief gleich darauf auch die Kerze, als sie grob gepackt und aus dem Fenster geworfen wurde. Sie landete auf der Straße direkt vor der Nase von Hund Timmi.
Der hob die Kerze auf und machte sich auf den Weg in die wintertrübe Laubenkolonnie. Dort saß Herr Franke, der vor einiger Zeit seine Arbeit verloren hatte, traurig in seiner
Gartenhütte im Dämmerlicht und grübelte.
„Oh, eine Kerze!“, rief er, als Timmi die Hütte betrat, und seine Augen strahlten. „Was für eine Überraschung! Danke, Timmi. Und danke, kleine Kerze.“
Dann zündete er mit zittrigen Fingern ein Streichholz an.
Zisch!!! Die Kerze erschrak. Aber dieses Mal wehrte sie sich nicht. Zu sehr freute sie sich über das glückliche Gesicht
des Mannes. Zisch – nahm ihr Docht die Flamme an. Ein sanftes Licht erhellte nun die schäbige Hütte und das scheue Lächeln des Mannes.
„Siehst du, Timmi“, sagte Herr Franke, „nun ist Weihnachten
auch ein bisschen zu uns gekommen. Es gibt sie noch, die kleinen Wunder.“
© Elke Bräunling